Von Wirklichkeit und Möglichkeit

So fern uns die Bühne zunächst erscheinen mag, es ist nur ein kleiner Schritt im Raum. Jeder Mensch, unabhängig von Alter, Vorbildung und kulturellem Hintergrund kann ihn gehen.

Wer es wagt, hat schon gewonnen. Theaterarbeit gibt uns eine Stimme. Sie stellt uns in ein dichtes soziales Gefüge. Wir werden zu handelnden Personen – jede*r für sich und mit allen gemeinsam. Wir probieren aus – und stellen fest: Wenn ich mich bewege, bewegt sich was! Die Bühne ist ein wirkliches Modell für die Gestaltung des Möglichen.

In unseren Projekten geht es um die Persönlichkeit des Menschen. In seiner konkreten Situation, dem individuellen Umfeld, dem kulturellen Kontext. Wir gehen davon aus, dass jeder Mensch Fähigkeiten hat, die es zu entdecken und zu fördern gilt.

Wir wissen: Mit dem Künstlerischen als Bildungsprinzip steht uns ein Entwicklungsraum für Potentiale zu Verfügung. In diesem treten Wirklichkeit und Möglichkeit in einen lebendigen Dialog. Zwischen dem, was ist, und dem, was sein kann, liegt der Weg für Persönlichkeitsentwicklung.

So hat sich in über 300 Projekten arbeitssuchenden Menschen ein Weg in die berufliche Zukunft geöffnet. In ihnen wurde die Wirklichkeit zu einer neuen Möglichkeit. Und die Möglichkeit zur neuen Wirklichkeit. In dem Zusammenspiel dieser beiden Punkte liegt der Erfolg von

:JobAct

Der Anfang

Neuland betreten. Sich und andere kennen lernen. Ausprobieren.

Am Anfang steht der Wille, etwas verändern zu wollen. Die Bühne ist für Viele neu, fremd – und aufregend. Schnell stellt man fest, dass es geht. Dass sich spielerisch wunderbar und ohne Nebenwirkungen ausprobieren lässt. Dass spielend unentdeckte Seiten zum Vorschein kommen. Dass es schön ist, gemeinsam mit anderen schöpferisch zu sein.

In ständiger Interaktion mit der Bühne: das Bewerbungsmanagement. Einzeln und in der Gruppe werden der Status Quo definiert, Ziele formuliert, konkrete Hilfestellungen gegeben.

Die Arbeit

Dranbleiben.
Etwas entwickeln. Sich ausdrücken.

Natürlich funktioniert nicht alles immer sofort. Es gibt Rückschlage, Durststrecken, Konflikte. Aber es ist eine wertvolle Erfahrung, durchzuhalten, Lösungen zu finden und Entscheidungen zu treffen. Was anfangs weit weg schien, ist plötzlich nah. Die Gruppe wächst zusammen und Menschen verändern sich.

Erlebnisse und Erfahrungen der Theaterarbeit werden übertragen. Was auf der Bühne geht, funktioniert auch im echten Leben. Was man dort spielerisch erfährt, erweitert die Möglichkeiten.

Die Premiere

Im Licht stehen. Es schaffen. Über sich hinauswachsen.

Das Stück ist da. Nun kommt der besondere Tag, an dem es gilt, die Aufregung zu überwinden. Gelerntes abzurufen, sich aufeinander verlassen, zu Höchstform auflaufen. Mutig und selbstbewusst zeigen, wer man ist und was man kann. Dann kommt der Applaus. Dann kommt der Erfolg.

Alle haben Anteil daran. Alle sind wichtig. Etwas Neues ist geschehen. Wo Berührungsangst und Unsicherheit war, steht nun: Es geht! Gemeinsam geschafft und für alle sichtbar.

Das Berufsleben

Verantwortung übernehmen. Aufgaben angehen. Leistung erbringen.

Von dem Schwung der Bühne in die Arbeitswelt des Betriebspraktikums: ausprobieren im echten Leben. Mit den Erfahrungen – und dem großen Erfolg im Rücken. Auch das Arbeitsleben kennt Rollen, Abläufe, Verabredungen. Auch hier sind Eigeninitiative und Entscheidungen gefragt.

Zwischen Möglichkeit der Bühne und Wirklichkeit des Bewerbungsmanagements öffnet sich der Weg in Arbeit oder Ausbildung. Am Ende steht der Weg in die berufliche Zukunft.

Eine neue Idee fürs Soziale

Nach dem Jahrtausendwechsel ist die Arbeitslosigkeit insbesondere bei jungen Menschen hoch. Sandra Schürmann, Abteilungsleiterin bei einem großen Bildungsträger, möchte die Maßnahmen effektiver und nachhaltiger machen. Sie sieht Chancen in der Persönlichkeitsentwicklung und erkennt das Potential des Künstlerischen als Bildungsprinzip.

2005 entsteht das Format :JobAct und die Projektfabrik gGmbH wird mit Sitz in Witten/NRW gegründet. Theaterarbeit in der Erwachsenenbildung ist damals ungewöhnlich. Doch schon die ersten Projekte überraschen mit ungewöhnlich hohen Vermittlungsquoten. Schnell interessieren sich andere Standorte. Bereits 2006 bekommt die Projektfabrik den Deutschen Förderpreis Jugend in Arbeit auf Landes- und im gleichen Jahr auf Bundesebene. 2010 erhält Sandra Schürmann als Sozialunternehmerin das Bundesverdienstkreuz.

Die Projektfabrik hat sich seitdem zu einem überregional und international tätigen Projektträger entwickelt mit stabilen Partnerschaften zu unterschiedlichen Bildungs-, Beschäftigungs- und Kulturinstitutionen in Deutschland und Europa.

2021 wird :JobAct ein eigenständiger Bereich unter dem Dachverband der Projektfabrik.

:JobAct Europa: Kunst verbindet.

Gute Ideen bleiben selten allein. Der innovative Bildungsansatz von :JobAct sorgt für internationale Aufmerksamkeit. Bereits 2013 können im Rahmen des Ashoka GlobalizerX Programms in Mailand erste Kontakte mit Organisationen aus Ungarn, Frankreich, Griechenland, Spanien und Italien geknüpft werden.

2015 gewinnt die Projektfabrik mit :JobAct den Advocate Europe Award der Mercator Stiftung für das :JobAct Europe Partner Programm. Die Jury ist beeindruckt von dem Ansatz, :JobAct als wirksames Mittel gegen Arbeitslosigkeit und soziale Ausgrenzung europaweit zu etablieren.

In Zusammenarbeit mit der TU Dortmund baut die Projektfabrik ab 2016 das Programm Social Inclusion by Social Art aus. 2017 starten Partner in Italien erste :JobAct-Projekte. Casa del Lavoro in Turin und Vivaio per l’Intraprendenza in Florenz beweisen, dass :JobAct nicht nur notwendig, sondern auch in anderen Förder- und Sozialsystemen möglich ist.

Ein Projektfabrik- Team besucht mehrfach die Partnerorganisationen, die seit 2018 jährlich für Fortbildungen nach Witten kommen.

Ab 2019 finden :JobAct Projekte in Spanien und Portugal statt.

Kunst verbindet auch im Sozialen.